Adolf Kolping Bio
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Tut jeder in seinem Kreis das Beste, wird’s bald in der Welt auch besser aussehen.

Adolph Kolping (1813 - 1865)
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Ein neues Stück Familie

„Leihgroßeltern“ haben bereits einigen Familien im Landkreis geholfen – Ehrenamtliche gesucht

Sie hat das Projekt in den Landkreis gebracht: Rita Koller betreut das Projekt der Leihgroßeltern und ist selbst als Leihoma von drei Buben ehrenamtlich tätig.

Regen. Im Garten der Familie Kreuzer liegt Sonja Köppl auf einer weißen Liege. Auf ihr toben drei kleine Mädchen, klettern über die 60-Jährige, kuscheln sich an sie ran und lachen dabei immer wieder ihr ehrliches und helles Kinderlachen. „Schauts hi, da is a Fliega!“, sagt Köppl aufgeregt. Die kleinen Köpfe der drei Kinder drehen sich abrupt zum Himmel. „Wo?“ „Ja, da beim Mond!“

Das Bild, das sich offenbart, ist ein schönes – das einer liebevollen Oma, die mit ihren Enkeln spielt. Das Besondere hier aber ist: Sonja Köppl ist gar nicht die leibliche Oma. Seit etwa drei Jahren kümmert sie sich als Leihoma regelmäßig um die vier Kinder Elias (8), Lena (6), Eva (5) und Hannah (3) von Claudia und Alfons Kreuzer. Alle zwei Wochen unternimmt sie einen Nachmittag lang etwas mit ihnen. „Und wenn die Eltern wohin müssen oder einmal Zeit für sich wollen, springe ich auch ein“, erklärt Sonja Köppl.

Seit drei Jahren ist Sonja Köppl (hinten) als Leihoma in der Familie Kreuzer. Sowohl die Eltern Claudia und Alfons Kreuzer als auch die vier Kinder (v.l.) Elias, Eva, Lena und Hannah haben sie ins Herz geschlossen. −Fotos: Czerny

Im Landkreis Regen gibt es das Ehrenamt der Leihgroßeltern mittlerweile schon seit etwa sechs Jahren. Organisiert hat das Projekt Rita Koller, die von dem Konzept zum ersten Mal bei einem Delegiertentreffen der Kolpingfamilie gehört hatte. „Ich hab mir sofort gedacht, das möchte ich machen“, erzählt sie. Bis es so weit war, hat es allerdings noch einmal vier Jahre gedauert. Als Koller 2012 in Rente gegangen ist, packte sie das Projekt an.

In die erste Familie vermittelte sie sich direkt selbst als Leihoma. „Als ich einem Kollegen von meinem Plan erzählt habe, hat er gleich gesagt, da kannst du zu uns kommen“, erzählt die Organisatorin. Seit sechs Jahren kümmert sie sich nun schon um ihre drei Leih-Enkelsöhne. Auch mit ihren eigenen fünf Enkel, die nicht im Landkreis wohnen und deshalb nicht täglich zu Besuch kommen können, vertragen sie sich gut.

In den vergangenen Jahren konnte Rita Koller schon einige Leihomas und -opas an Familien vermitteln, momentan profitieren 15 Familien von den ehrenamtlichen Senioren. Dabei ist Koller extrem wichtig, dass beide Parteien gut zusammenpassen. Im Vorhinein telefoniert sie zunächst lange sowohl mit den suchenden Eltern als auch mit den potenziellen Leihgroßeltern. „Ich muss zuerst herausfinden, was suchen sie und wer würde zu wem passen.“ Darauf folgt ein erstes Treffen, bei dem sich Leihoma, die Eltern und die Kinder gegenseitig beschnuppern können. Auch Rita Koller ist bei diesem Treffen dabei. „Da sitzen wir einfach nur beisammen und jeder bringt seine Vorstellungen ein.“ Meist erkennen alle Beteiligten recht schnell, ob sie sich einig werden, oder ob Koller weitersuchen muss. „Meistens ist es schon so, dass das Vertrauen recht schnell gefasst wird“, erzählt Koller. „Aber man muss auch sagen: Manchmal passt es einfach nicht.“

Claudia Kreuzer und die Leihoma Sonja Köppl haben beim ersten Treffen gleich gemerkt: das passt. „Wir waren sofort auf einer Wellenlänge“, erzählt die vierfache Mutter. „Wir haben zusammen einen Kaffee getrunken und konnten uns gleich super unterhalten.“ Nur die vier Kinder brauchten noch ein wenig Zeit, um mit der neuen Oma warm zu werden. „Am Anfang standen sie noch ganz brav in der Ecke“, lacht Sonja Köppl. „Aber Kinder müssen immer von alleine gekommen.“ Und das sind sie auch – heute weichen sie ihrer Leihoma kaum mehr von der Seite, wenn sie zu Besuch ist.

Beide haben von dem Projekt aus der Zeitung erfahren. „Ich habe das gelesen und gedacht: Wow! Genau das ist es“, erzählt Claudia Kreuzer. Während ihr Mann Alfons Vollzeit arbeitet, kümmert sich die Vierfach-Mutter um die gemeinsamen Kinder. „Ich brauchte auch mal ein bisschen Zeit für mich, zum Aufräumen, zum Duschen, für einen Tag in der Stadt – oder auch einfach mal zum Schlafen“, begründet sie ihre Motivation, sich um eine Leihoma zu bemühen.

Für Sonja Köppl war und ist das Projekt ein genauso großer Gewinn. Nachdem die ehemalige Kinderkrankenschwester in Rente gegangen ist, hat sie schnell gemerkt, dass ihr etwas fehlt. „Ich habe sowieso ein Ehrenamt gesucht – das war das richtige für mich.“

Und der Bedarf nach Leihgroßeltern besteht nicht nur in der Familie Kreuzer: „Auf der Warteliste sind momentan zehn bis zwölf Familien, die jemanden suchen“, berichtet Projektinitiatorin Rita Koller. Leihoma und -opa kann prinzipiell jeder werden, der sich ehrenamtlich engagieren möchte. Koller benötigt dafür lediglich ein polizeiliches Führungszeugnis und ein ärztliches Attest, das bestätigt, dass der gesundheitliche Zustand für den Umgang mit Kindern in Ordnung ist. „Oberstes Gebot ist Ehrlichkeit“, erklärt Rita Koller. „Außerdem sollte man als Leihoma oder -opa Zeit haben und das Ehrenamt mit Liebe ausführen.“

Für die Familie Kreuzer ist die Leihoma heute mehr, als nur eine ehrenamtliche Helferin – sie ist ein Stück Familie geworden. „Wo findet man schon jemanden, der das ehrenamtlich macht?“, sagt Mama Claudia voller Dankbarkeit. Und auch Sonja Köppl ist in ihrer Rolle als Leihoma glücklich. „Für mich ist das wie eine Therapie, bei den Kindern bekomme ich meinen Kopf frei“, erzählt sie. „Am Abend fallen mit immer wieder schöne Bemerkungen von den Kindern ein.“

Lediglich bei einer Kleinigkeit sind sich Mama und Leihoma nicht ganz einig: Die Süßigkeiten, von denen Sonja Köppl für Claudia Kreuzers Geschmack gelegentlich etwas zu viel mitbringt. Aber da lässt sich Köppl nicht reinreden: „Das ist das Recht der Oma.“
Wer Interesse hat, als Leihgroßeltern ehrenamtlich mitzuarbeiten, kann sich bei Rita Koller melden: 09921/3231.